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Von der Wasserrinne in den See (Tag 1)

Wer ist von euch ist schon einmal in einer historischen Rinne gelaufen, die früher genutzt wurde, um Holz vom Wald in den nächsten Fluss zu transportieren? Und wer von euch hat das schon einmal mit zwei Hunden gemacht? Und wer hatte dabei auch noch Gegenverkehr, oftmals von fremden Hunden, die genauso wenig aus dem Weg gehen wollten, wie eure Hunde? Gut, challenge accepted!


Übrigens: Unser Norwegen-Abenteuer wird von Anny-x und Irish Pure gesponsert. Weitere Infos hier.


Wie die Profis fahren wir kaltschnäuzig von der Fähre. Nichts kann uns beeindrucken, nichts aus der Fassung bringen. Wir sind mittlerweile vollkommen abgebrüht - haben unsere erste Fährfahrt hinter uns - nichts kann uns mehr schockieren! Dann steigt Emily in die Bremsen. Vor uns rote Lichter. Ist das…? Wird das…?

Tatsächlich. Stau im Fährhafen. Dicker Stau. Mega Stau! Denn direkt vor uns verengen sich die acht Spuren von der Fähre runter auf läppische zwei Spürchen! Chaos vorprogrammiert. Chaos, dem besonders die niederländischen WoMo-Fahrer*innen kein Verständnis entgegen bringen und sich somit vor alle anderen setzen. Um dem Drängeln etwas entgegenzusetzen lässt Emily gleich fünf Autos vor, sodass die Menschen hinter uns fast die Krise bekommen, aber wenigstens können wir unsere Hände in Unschuld waschen und sammeln gutes Karma. 

Wir haben noch ein paar Bedenken bei dem Verkehr nicht zum Zoll durch zu kommen, aber natürlich grundlos. Die Zollbeamtin schaut sich unsere Heimtierpässe auch genau an, überprüft die Bandwurmkur und die Tollwutimpfung (wahrscheinlich auch den Transponder-Code) und reicht uns schließlich feierlich ein Zettelchen, auf dem sie handschriftlich vermerkt hat, dass am Dienstag den 26.7.2022 zwei Hunde in Norwegen eingereist sind. Diesen Zettel dürfen wir nicht verlieren, denn falls wir kontrolliert werden kann es sonst teuer werden. Das ganze dauert keine fünf Minuten, dann dürfen auch die Hunde ganz legal (und völlig desinteressiert an dem Zusatzaufwand) einreisen. 

Weil es erst vier Uhr ist, wollen wir noch ein bisschen laufen gehen, bevor wir uns einen Platz suchen. Die Hunde waren ja auch noch nicht draußen. Wir entscheiden uns für die Tømmerrenna - einer Wanderung in einer alten Flößerrinne, die früher für den Holztransport genutzt wurde und jetzt als 4km lange Wanderung zur Verfügung steht. Die Tømmerrenna liegt bei Vennesla, das etwa eine halbe Stunde Autofahrt von Kristiansand entfernt liegt. Es handelt sich dabei leider nicht um eine Rundwanderung, was die Zeitangabe von zwei Stunden erklärt. Offizielle Informationen zur Wanderung findet ihr hier

Die Tømmerrenna führt ohne spürbare Steigung an einem Fluss entlang. Direkt am Einstieg Steinsfossen wird das wanderlustige Publikum von einem Wasserfall begrüßt, der sich in einen kleinen Stausee ergießt. Von dort geht es weiter in einen Wald, dessen grellgrüne Moosbedeckung zwischen Blaubeersträuchern hervor blitzt. (Übrigens Blaubeersträucher mit reifen, süßen und vielen Blaubeeren!)

Es folgt eine landschaftlich sehr attraktive Wanderung, welche immer wieder über das steinige Flussbett führt, durch welchen der Fluss manchmal munter plätschernd rauscht, manchmal seicht dahin säuselt. Die Tour ist als sehr leicht einzustufen, da man die ganze Zeit in der Rinne läuft - Hut ab, wer sich da verlaufen kann. Für die Hunde ist der Spaziergang zwar nicht ideal, da sie oft Anstalten machen, über die Wand springen zu wollen (zum Glück haben wir die Sicherheitsgeschirre von Anny-x!), aber das wissen wir jedes Mal zu verhindern. Einzig der Gegenverkehr gestaltet sich als schwierig, insbesondere wenn andere Hunde dabei sind. Irgendwann ist es uns zu blöd, Laki und Pebbles platt wie ein Pfannkuchen an die Holzwand der Rinne zu drücken und wir nehmen sie jedes Mal auf den Arm, wenn Menschen an uns vorbei wollen. Ist ja auch eine Form von Training (und bei Pebbles auch gut machbar, die wiegt ja nur 15kg. Laki mit seinen mittlerweile stattlichen 26kg ist da auf Dauer schon eine andere Hausnummer…!). 

Wir laufen aufgrund der Uhrzeit und unserer Unerfahrenheit mit der Platzsuche in Norwegen allerdings nur etwa drei Viertel der Strecke und drehen dann um. Auf dem Rückweg legen wir eine erste ausgiebige Blaubeerpause ein. (beim Selberpflücken bitte aufpassen, dass ihr diese nicht mit den giftigen Nebelbeeren verwechselt!)  Laki mag die kleinen dunklen Beeren - überraschenderweise (Ironie-Schild bitte hoch halten) - nicht, Pebbles dagegen liebt den kleinen Snack; so sehr, dass sie sich die Früchte sogar selber vom Strauch holt, wenn man ihr zeigt, wo sie diese findet. Ein bisschen verfressen ist sie schon, unsere Maus. 

 

Die Platzsuche gestaltet sich als schwierig (wahrscheinlich haben wir den Dreh einfach noch nicht raus). Nach einigem Hin und Her entscheiden wir uns für einen wunderschönen Platz am See - wo es aber eisig kalt ist, weil der Wind sehr stark über das Wasser pfeift und uns in Nullkommanichts ausgekühlt hat.  Aber wir sind sowieso todmüde von der Anfahrt (und wahrscheinlich auch noch von der Deutschland-und-Dänemark-Durchquerung am Vortag), sodass wir unser Brot einfach noch im Auto essen, das Zelt geschwind aufbauen und noch im Fallen auf die Isomatte einschlafen. 

Laki findet die Idee mit dem Zelt übrigens erstmal ganz schön seltsam, arrangiert sich dann aber mit der ungewohnten Situation. Und Pebbles findet das Matratzenlager sowieso gut. 

Uns erwartet eine Tiefschlaf-reiche Nacht, bis Pebbles uns am nächsten Morgen gegen sechs Uhr rausquengelt. 


Alles in allem ein guter Urlaubsbeginn, oder? Die Nacht an einem so wunderschönen, idyllischen (und menschenleeren) Platz zu beginnen, nachdem erfolgreich die erste Blaubeer-Wanderung (naja, -Spaziergang) absolviert wurde. Und die Hunde machen auch alles brav mit (wahrscheinlich haben sie Angst, dass wir sie sonst irgendwo aussetzen…). 

Insofern: God natt, 

wir vier.


Literatur

Der Dumont-Reiseführer von Südnorwegen: Möbius, M., Ster, A. (2022): Norwegen - der Süden. Ostfildern: DuMont Reiseverlag

Der Dumont-Reiseführer von Fjordnorwegen: Banck, M.H. (2019): Norwegen - das Fjordland. Ostfildern: DuMont Reiseverlag

Der lonely planet-Reiseführer von Norwegen: Ham, A., Butler, S., Wheeler, D. (2015): Norwegen. Ostfildern: Mairdumont

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