Was wäre ein Norwegenbesuch ohne ein paar Superlative? Schließlich kann das Land die zweitlängste Küstenlinie der Welt aufweisen mit den europaweit meisten Inseln, den höchsten Berg Skandinaviens, hat mit dem Lærdalstunnel den längsten Straßentunnel weltweit, mit dem Fjærlandstunnel den einzigen Tunnel unter einem Gletscher , eine der längsten Hängebrücken über den Hardangerfjord, und und und. Wer sich für weitere Rekorde des skandinavischen Landes interessiert, kann beim Lesen des Beitrages vom Norwegen-Service von Martin Schmidt hier (Stand 01.09.2022, 11:00… und nein, nicht verwandt) sehen und staunen. Allen anderen wollen wir hier von unserem Superlativ - unserem tiefsten Punkt der Reise - berichten.
Übrigens: Unser Norwegen-Abenteuer wird von Anny-x und Irish Pure gesponsert. Weitere Infos hier.
So richtig glücklich sind wir heute nicht mit unserem Plan. Nochmal zur Erinnerung: wir wollten nach Lauvvik und von dort mit der Fähre nach Forsand fahren, woraufhin uns die Brücke auf die andere Seite des Fjordes zum Ryfylkevegen bringen sollte. Leider werden uns nur zwei Abfahrtszeiten angeboten. Entweder 5:55 (was uns definitiv zu früh ist, schließlich müssen wir etwa eine Stunde rechnen, bis wir alles zusammengepackt und verstaut haben) oder 13:55. Und letzteres finden wir eigentlich ein bisschen spät. Schließlich wollen wir heute noch bis Lovra fahren, also etwas über 100km (und wie wir mittlerweile wissen, kann das auf Norwegens (Fjord-)Straßen etwas länger dauern). Außerdem sind wir uns immer noch unsicher bezüglich der Fähre zwischen Hjelmeland und Nesvik, die uns auf diesem Weg erwartet. Kurzum, zwei Uhr ist uns ein bisschen zu spät.
Wie froh wir sind, als wir meinen, einen Ausweg gefunden zu haben!
In einem unserer Reiseführer lesen wir, dass eine klare Empfehlung für die Autofähre zwischen Stavanger und Tau ausgesprochen wird. Kaum haben wir den Satz zuende gelesen, als wir auch schon nach den Fährzeiten googeln. Und tatsächlich soll (eine für uns sehr gut passende) Fähre um 11:20 in Richtung Tau ablegen. Wenn das mal kein günstiger Zufall ist. Dann können wir doch schon früher fahren, sind mit Tau schon ein gutes Stück näher am Ziel und können außerdem in der Ölmetropole Stavanger noch in Ruhe tanken. Gesagt, getan. Leider finden wir auch zu dieser Fährverbindung wenig Informationen, aber nachdem im Reiseführer die Fährfahrt als angenehmere Alternative zum Tunnel beschrieben wird, gehen wir davon aus, dass es sich um eine Autofähre handelt.
Laki geht es heute leider nicht so gut - er wirkt ganz müde und will auch nicht fressen, frisst viel Gras, dass er dann wieder ausspuckt. Vielleicht liegt es an seinem Mäntelchen? Beide Hunde mussten letzte Nacht ihre selbstgenähten diy-Mäntelchen anziehen. Während Pebbles ihr Kleidungsstück liebt, kann Laki seins nicht so richtig ausstehen - vielleicht hat er damit einfach nicht gut geschlafen? Mal sehen, wie es ihm über den Tag so geht.
Auf jeden Fall geht es jetzt erst einmal nach Stavanger. Ihr müsst wissen, Freydis und Stavanger haben eine kleine Vorgeschichte. Während ihres Freiwilligenjahres in Oslo war sie bereits mit einer Freundin für ein verlängertes Wochenende in der Stadt und auf dem Preikestolen. Während beide begeistert von der Übernachtung mit dem Zelt auf dem bekannten Felsen waren (und insbesondere von dem kurzen Moment Sonnenschein am nächsten Morgen, bevor die Touristenmassen angeschwappt kamen), hat ihnen Stavanger an sich nicht sonderlich gefallen. Obwohl die Reiseführer anderes behaupten, hatte sich die bekannte Ölstadt kalt, grau und mit vielen Hecken abweisend präsentiert. Insofern verlor in Freydis Augen Stavanger ganz klar gegenüber der Studentenstadt Bergen und der Hauptstadt (und Freydis Lieblingsstadt) Oslo sowieso. (Dieses vernichtende Urteil mag auch durch den Regen und das damit einhergehende nebelverhangene Grau des Wetters in Kombination mit einem generellen Unwohlsein der beiden Freundinnen zusammenhängen. Das muss fairerweise hinzugefügt werden…)
Insofern war Freydis jedoch bereits voreingenommen gegen Stavanger und die Beziehung hat sich während unseres Besuches nicht gerade gebessert. Zumal wir bereits für die Fahrt in die Stadt Maut bezahlen mussten.
Generelle Info: Einige Straßen, Tunnel und Brücken in Norwegen sind mautpflichtig (wir glauben irgendwo gelesen zu haben, dass sie das sind, bis die Bauarbeiten abgezahlt sind. Was wir grundsätzlich nicht falsch finden). Die Maut wird aber nicht direkt gezahlt, sondern über das Autokennzeichen, welches von Kameras erfasst wird. Die Rechnung erfolgt dann (teilweise deutlich) später per Post. Man kann sich allerdings auch vorher bereits registrieren lassen, wodurch man einige Kosten vergünstigt erhält. DIes ist über den norwegischen autopass oder den dänischen brobizz möglich. Wir haben uns für den Brobizz entschieden, hätten rückblickend aber gerne den Autopass gehabt. Im Brobizz enthalten sind zwar alle Straßen in Norwegen sowie Brücken und einige ausgewählte Fähren in Dänemark, mit dem Autopass erhält man jedoch auch Rabatte auf den innernorwegischen Fähren. Wenn ihr mehr darüber wissen wollt oder euch ein eigener Artikel über unsere Erfahrungen mit dem Brobizz/Autopass interessiert, schreibt uns gerne oder lasst einen Kommentar da. :)
Und dann fing die Stavanger-Tragödie erst richtig an.
Das Navi führt uns zum Fiskepiren, von wo die Fähren fahren sollen. Wir finden immerhin recht schnell einen freien Parkplatz im Schatten und lassen die Hunde im Auto, um die Lage auszukundschaften. Wir haben auch noch genug Zeit, es ist erst kurz nach zehn Uhr und die Fähre soll ja laut Internetauskunft erst um 11:20 abfahren. Das Parkticket müssen wir im Voraus bezahlen, also lösen wir ein Ticket für eineinhalb Stunden. Das sollte ja reichen. Erst nach Abschluss des Bezahlvorgangs fällt uns auf, dass wir für die 90 Minuten Parkdauer 80 NOK bezahlt haben. Das sind etwa 8 Euro! In diesem Fall kaufen wir uns wohl nachher doch kein Gebäck im Kanel-Laden, der laut unsere Namen ruft.
Bezeichnen wir diese Episode als Niederlage Nr. 1, folgt die zweite sofort auf dem Fuß…
8 Euro Parkgebühren unbesehen bezahlt - das wäre uns zuhause aber auch nicht passiert. Egal, wir verbuchen das als Missgeschick der Woche - passiert schon mal im Urlaub. Während die Hunde im Auto auf uns warten, gehen wir beide mal die Lage checken… und checken nichts. Es gibt zwar Fähranleger, aber nur zwei Anleger, an denen Autos prinzipiell mal möglich wären. Bei allen anderen werden Fahrzeuge, die breiter als ein Fahrrad sind, von einer stählernen Hürde davon abgehalten, auf das Schiff zu gelangen. Blöderweise liegt Terminal 4, von dem die Fähre nach Tau ablegen soll, hinter einer der Absperrungen…!
Verwirrt laufen wir ins Innere des Gebäudes auf der Suche nach einem wissenden Menschen oder Maschine, der/die uns weiterhelfen kann. Stattdessen werden wir selbst von zwei Deutschen angequatscht, die ebenfalls ihre Fähre suchen. Die beiden wollen allerdings die Kosten für einen Fjordcruise über den Lysefjord sparen und mit der günstigen Kolumbus-Fähre (wie wir das ja auch noch vorhaben) die steile Felsküste erkunden. Tja, die beiden haben jedenfalls kein Glück - deren Fähre wurde nach Lauvvik verlegt.
Dummerweise scheinen wir auch kein Glück zu haben. Denn wir finden zwar keinen wissenden Menschen, aber immerhin eine Anzeigetafel im Wartebereich. Und diese macht uns unmissverständlich klar, dass unsere Fähre wie geplant am Terminal 4 ablegt - hinter der Autosicherung. Bei der Fähre von Stavanger nach Tau handelt es sich also ganz sicher nicht um eine Autofähre. Mist!
Wir können es trotz der vielen deutlichen Hinweise immer noch nicht ganz glauben, schließlich berichten sowohl unser Reiseführer als auch diverse Reiseberichte deutlich von einer Fahrt nach Tau mit der Autofähre. Deswegen machen wir uns draußen auf die Suche nach der ausgeschilderten Touristeninformation, können diese aber nicht finden. Stattdessen steht dort ein leeres Gebäude, ganz ohne Information. Stavanger mag uns einfach nicht.
Langsam müssen wir den Tatsachen ins Auge sehen und so beschließen wir, eben doch durch den Ryfylketunnel zu fahren. Während der Fahrt reimen wir uns dann zusammen, dass die Fähre vor ein paar Jahren vermutlich noch fuhr, aber eine zu große Konkurrenz zum Tunnel darstellte, der schließlich abbezahlt werden wollte. Daher wurde die Autofähre nach Tau vielleicht eingestellt, sodass der Tunnel mittlerweile die einzige Alternative darstellt.
Immerhin kommen wir so zu unserem ersten Superlativ in diesem Urlaub: mit seiner Tiefe von über 200m unter Null stellt die Tunnelfahrt definitiv den tiefsten Punkt unserer Reise dar. Die Durchquerung der 13,5 km wird immer wieder von Lichtinstallationen und einmal einer farbigen Halle, die aussieht wie aus dem Disney-Film Frozen erhellt. Und über die 30 NOK Mautgebühren können wir eigentlich auch nicht klagen - billiger als die Fähre ist es damit allemal.
Ab Tau fahren wir dann die Nationale Touristenstraße Ryfylkevegen (Rv13) Richtung Hjelmeland. Die Straße ist gesäumt von hohen Bergen, tiefen Fjorden und überspannt von einem tiefblauen Himmel. Hat in diesem Blog schon einmal jemand von der norwegischen Landschaft geschwärmt? ;)
Zum Glück sind wir auf der kleinen Straße nicht allzu schnell unterwegs, denn einmal kreuzt ein Schaf und ein anderes mal sogar ein Reh die Fahrbahn. Eigentlich wollen wir uns vor der nächsten Fähre noch eine kleine Wanderung vornehmen, weil es trotz teurer Pause am Pier (wir wiederholen nochmal: 8 Euro!) erst 11 Uhr ist. Wir fahren also zu einer Wanderung, die uns den Bildern nach gefallen könnte, kommen aber nicht einmal bis zum Parkplatz. Die Straße führt nämlich eine enge Schotterpiste entlang und als wir an einer Erhebung ankommen, drehen wir um; wir sind uns nicht sicher, ob der Mitsubishi das folgende Gefälle runter, bzw. nachher dann wieder hoch kommt. Die Tour soll wegen Laki auch nicht so anstrengend sein und im Folgenden können wir uns irgendwie nicht richtig entscheiden. Und dann stehen wir im Stau - mitten in der Pampa! Weil weiter vorne ein Unfall passiert ist. Und zwar so richtig, mit drei Einsatzfahrzeugen, Feuerwehr und Rettungshubschrauber.
Anstatt auf einem schönen Berg mit Aussicht essen wir unser Mittagessen also im Auto und beobachten den Jogger, der völlig ungerührt von dem Chaos am Stau vorbei auf den Unfall zu läuft, wenig später jedoch wieder mit gesenktem Kopf zurück trabt.
Die Aufräumarbeiten dauern zu unserem Glück nicht allzu lange und so können wir bald schon weiter fahren. Trotzdem fahren wir direkt weiter nach Hjelmeland, da wir dort noch mit einer (hoffentlich Auto-) Fähre nach Nesvik auf die andere Seite des Fjordes übersetzen müssen. Im Internet konnte der Platz auf der Fähre leider nicht vorreserviert und gezahlt werden, daher sind wir ein bisschen nervös, sobald Hjelmeland ausgeschrieben ist. Wir beruhigen uns aber mit dem Gedanken, dass schon so viele Menschen die Überfahrt geschafft haben. Warum also wir nicht auch?
Wir fahren noch über eine Kuppe, dann liegt der Fähranleger vor uns. Die Straße führt hinab, in einen Kreisverkehr, dort ist die Fähre ausgeschildert. Wir nehmen Schwung und…
…plötzlich…
…sind wir etwa schon auf der Fähre?
Tatsächlich: Die Fähre, die laut Internet alle halbe Stunde fährt, steht schon da und wir blicken es mal wieder nicht und fahren direkt drauf. Ohne Plan. Und noch wichtiger: Ohne Ticket!
Aber runterfahren geht ja jetzt auch nicht mehr. Während wir nervös im Internet googeln, wie wir die Überfahrt bezahlen können, rücken die Autos hinter uns auf. Wir bekommen ein kleines bisschen Panik und hoffen inständig, dass wir die Tickets auch auf der Fähre buchen können, denn in dem Moment legt das Fahrzeug auch schon ab. Rückweg ausgeschlossen. Wie hoch sind noch gleich die Strafen für Schwarzfahren?
Da entdecken wir auf VisitNorway zum Glück, dass das Bezahlen auch onboard geht. Trotzdem noch unsicher steigen wir aus und fühlen uns völlig kriminell. Was tut Norwegen unserer pflichtbewussten deutschen Seele da nur an?
Erst, nachdem wir verdutzt den leeren Ticketschalter betrachten, fällt uns das große Schild auf, das uns lehrt, dass die Fähre automatisch über das Kennzeichen abgebucht wird. Der Preis für die zehn Minuten Überfahrt beträgt dabei etwa 7 Euro. Eigentlich sollte die Fährfahrt also vollkommen stressfrei und organisationslos ablaufen - wenn man halt nicht wie ein blindes Huhn aus Versehen uninformiert mit Schwung auf die Ladefläche fährt!
Es ist übrigens ein sehr seltsames Gefühl, im stehenden Auto zu sitzen und trotzdem zu fahren. Wir sind dann aber auch schnell in Nesvik (wie gesagt, 10 Minuten Überfahrt). Dort starten wir unseren zweiten Wanderversuch. Auch hier geht es steil und kurvig zum Wanderparkplatz hinauf, diesmal ist die Strecke aber machbar (und es wird auch nicht das letzte mal sein, dass wir eine steile, kurvige Straße in Norwegen fahren!). Weil es Laki ja nicht ganz so gut ging am Morgen, wählen wir die mit 3 km nicht so lange Tour zum Norda Høgaste. Wir verstehen die Angabe nicht so ganz, glauben aber, dass die Angabe für einen Weg ist. Also insgesamt 6 km - klingt doch perfekt. Und die eingestellten Bilder sind einfach wunderschön, die Sonne lacht vom Himmel, wir stellen uns auf tolle Aussichten ein. Und laufen los. Notiz an uns: Unbedingt die Höhenmeter in Tourbeschreibungen beachten! Denn auf die 3 km Strecke kommen über 500 hm. Und gefühlt liegen die alle auf den ersten 1,5 km! Uff!
Von wegen "langsam machen für Laki". Wir sind ziemlich am Schnaufen. Aber die Aussicht lohnt sich (wenn wir ehrlich sind, lohnt sie sich eigentlich immer)! Denn schon bald liegt uns die Fjordlandschaft zu Füßen, während in der Ferne schneebedeckte Gipfel hervorlugen. Das macht das schlimmste Stück durch den Wald direkt am Angang wieder mehr als wett! Es ist herrlich!
Wir laufen wegen des Hundes aber nicht die ganze Runde (schließlich hatte er kein Frühstück), benötigen aber trotzdem mit Pausen (die Hunde bekommen durch die Beef Bites von IrishPure einen Extra-Energiekick, wir lassen uns unsere Lefse mit Zimtcreme schmecken) und Fotoshooting ingesamt drei Stunden. Das wilde Fjordpferd, das wir während des Abstieges treffen, entschädigt Emily dann auch gründlich für Pebbles im Wald auftretenden Jagdinstinkt.
Von Nesvik fahren wir dann noch etwa eine Dreiviertelstunde bis zu unserem Rastplatz mit Aussicht auf den Erfjord bei Lovra. Zum Essen gibt es Nudeln mit Bratensoße (gibt es außer uns sonst noch Menschen, für die das eins der besten Campingessen ist?). Das Leben kann so schön sein! Und die Hunde sind zufrieden und sehr, sehr müde!
Das war also unser Stavanger-Dilemma, das sich dann doch noch ganz gut weiter entwickelt hat. Ein herzliches Dankeschön an Irish Pure, deren Beef Bites den Hunden die Wanderung versüßt haben! Die Tüte ist immer viel zu schnell leer!
Viele Grüße,
wir vier.
Literatur
Der Dumont-Reiseführer von Südnorwegen: Möbius, M., Ster, A. (2022): Norwegen - der Süden. Ostfildern: DuMont Reiseverlag
Der Dumont-Reiseführer von Fjordnorwegen: Banck, M.H. (2019): Norwegen - das Fjordland. Ostfildern: DuMont Reiseverlag
Der lonely planet-Reiseführer von Norwegen: Ham, A., Butler, S., Wheeler, D. (2015): Norwegen. Ostfildern: Mairdumont
Kommentar schreiben
Anton (Montag, 10 Oktober 2022 09:54)
Ich liebe Deinen Blog so sehr;)
https://testsieger-selbstbraeuner.de/hyaluron-selbstbraeuner-test/