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Feucht-fröhlicher Wandertag (Tag 11)

Stellt euch folgendes Szenario vor: Ihr seid am Vorabend früh zu Bett gegangen, denn heute ist etwas spektakuläres geplant. Ihr wollt früh aufstehen (der Wecker klingelt um 5 Uhr) und die vorhergesagte Morgensonne nutzen, um vor allen anderen Touristen auf den vielleicht berühmtesten Berg Norwegens zu wandern: den Gaustatoppen. Dieser gilt als der schönste Berg Norwegens, da an klaren Tagen ein Sechstel des Landes zu sehen sein soll. Entsprechend erwartet ihr Massen an Touristen, welchen ihr aus dem Weg gehen wollt. Stellt euch weiterhin vor, dass die Nacht bisher ruhig verlaufen ist. Vielleicht raschelt irgendwo eine Maus, eventuell fliegt ein nachtaktiver Vogel unbemerkt über euer Zeltdach. Der Zeiger der Uhr nähert sich der 30, es ist halb vier am Morgen. Es ist dunkel. 


Übrigens: Unser Norwegen-Abenteuer wird von Anny-x und Irish Pure gesponsert. Weitere Infos hier.


Freydis wacht auf. Schlaftrunken blinzelt sie mit einem Auge. Es ist dunkel im Zelt, noch mitten in der Nacht. Sie wendet leicht ihren Kopf, rümpft die Nase. Was ist das für ein Geruch? Aus dem Augenwinkel sieht sie eine schemenhafte Gestalt neben sich, dazu ein zischendes Geräusch. Noch bevor sie versteht, was gerade passiert, registriert ihr schläfriges Gehirn das erhobene Hundebein vor ihrer Nase und die Tropfen, die darunter hervor auf Pebbles Kuschelkörbchen fallen. Neuronen feuern, Synapsen verbinden sich und automatisch streckt Freydis ihre Hand aus und schiebt das Bein zurück an seinen Platz. Erst danach sind alle Informationen verarbeitet und jedes Puzzleteil fällt an seinen Platz: Der Geruch? Hundepipi. Das Geräusch? Hundepipi. Das Bein? Der Hund, der Pipi macht. Laki hat ins Zelt gepinkelt!

Aber wie! Die paar Tropfen, die auf Pebbles Kuschelkörbchen gelandet sind, sind kaum der Rede wert gegen die Pfütze auf seiner Decke! Alles nass und stinkt. Igitt!

Wer sich übrigens gefragt hat, wie Pebbles reagiert: Die grunzt einmal unwillig ob der nächtlichen Ruhestörung und dreht sich unwillig auf die andere Seite, um weiter zu schlafen. Wie der Hund, so das Frauchen - Emily bekommt von der ganzen (auch aller folgenden) Aufregung nichts mit. 

Kurz verflucht Freydis den Hund, die Welt und die Uhrzeit und hadert mit ihrem Schicksal. Aber es hilft ja nichts. Der Hund wird aus dem Zelt geschmissen zum Leerpinkeln (haha, guter Witz - als käme da noch ein Tröpfchen raus) und dann muss der Boden so gut wie möglich trocken gelegt werden. Nicht, dass sich Laki noch eine Blasenentzündung holt. Und im Hundepipi-Mief müssen wir ja auch nicht weiter schlafen. 

Das ist allerdings leichter gesagt als getan um halb vier morgens. Seine Decke und der selbstgemachte Hundeschlafsack werden erst mal raus aufs Gras gelegt. Die werden nachher in einen großen Müllsack (von denen wir für einen zusätzlichen Regenschutz unserer Sachen in der Dachtasche zum Glück einige mitgenommen haben) gesteckt. Zur besseren Isolation haben wir den Boden unseres Zeltes mit einer beschichteten Picknickdecke ausgelegt. Diese hat leider auch ein bisschen abbekommen, kann jetzt aber nicht raus - da liegen Pebbles und Emily, selig schlummernd, drauf. Also versucht Freydis mit Klopapier und einem Hundehandtuch das gröbste abzutrocknen. Als Schutz, damit die Decke aus dem Auto nicht zu viel Pipi aufsaugt, wird darauf ein weiterer Müllsack ausgebreitet, sodass Laki einen einigermaßen trockenen Schlafplatz erhält. 

Der Hund legt sich wieder hin, aber für Freydis lohnt sich das nicht mehr - mittlerweile ist es eine Stunde später und die Sonne schiebt sich schon langsam in Richtung Horizont. In einer halben Stunde klingelt der Wecker. Pebbles ist ganz irritiert, als ihr Popo plötzlich anfängt zu vibrieren - damit der Akku länger hält in der nächtlichen Kälte, schieben wir die Handys immer zu Pebbles ins Kuschelkörbchen. Dieser klingelt ein Weilchen, bis Emily schließlich aus ihrem Dornröschenschlaf erwacht. In der Dämmerung packen wir das Zelt zusammen. Pebbles, die es überhaupt nicht einsieht, um die Uhrzeit schon aufzustehen, bleibt bis zur letzten Sekunde im Kuschelkörchen - die Augen trotzig zusammen gekniffen, die Schnauze bis zum Anschlag unter das Kissen geschoben. Sie ist wirklich kein Frühaufsteher!

Wir sind offensichtlich auch noch nicht ganz wach, denn nachdem alles im Auto verstaut und das Zelt fein säuberlich in seine Tasche verpackt ist, fällt uns auf, dass wir den Schlüssel in der Zeltinnentasche vergessen haben… Also alles wieder auspacken und aufbreiten…

Nach knapp einer Stunde ist aber alles, inklusive Hunde und bepieselter Decke, im Auto verstaut und wir nach einer ersten Tasse Kaffee und einem Honigbrot lebensfähig. 

Wir sind zwar lange nicht die ersten, als wir den Parkplatz um kurz vor sieben erreichen, haben dafür aber mit Abstand das kleinste Auto. Neben den vielen Campern, Wohnmobilen und Vans sieht unser kleines Trollbo mit seiner Dachtasche aus wie ein Erstklässler mit Scout-Rucksack. Obwohl die ersten Wanderlustigen bereits zurück kommen, während wir noch unsere Stiefel zubinden, ist noch nicht besonders viel los. Als wir das Parkticket lösen, trifft uns allerdings der Schlag: 150 NOK! Na, da muss die Aussicht sich aber lohnen!

Um Punkt 7 Uhr laufen wir los - und wenn wir uns den Text bis zu diesem Satz anschauen, ist davor schon zu viel aufregendes passiert für uns Morgenmuffel!

Eins bleibt vorneweg zu sagen: Der Weg ist wirklich sehr, sehr gut gekennzeichnet! Alle eineinhalb Meter leuchtet eins der roten Ts in der Morgensonne. Und selbst ohne diese Markierungen haben unzählige (Touristen-) Füße den Pfad gut erkennbar ausgetreten. Hier muss man sich schon sehr anstrengen, um sich zu verlaufen. 

Den ersten Kilometer geht es dabei noch ganz angenehm durch Wiesen, danach führt der Weg ausschließlich über Geröll - mal mehr, mal weniger steil. Die insgesamt 4,2 km sind aber gut zu bewältigen, wir benötigen hinauf etwa zwei Stunden. 

ABER! Die Hunde müssen schon auch arbeiten und für die kleine Pebbles und den untrainierteren Laki finden wir die Strecke doch fast grenzwertig. Es gibt eben viel Geröll und rutschige, kippelige Steine, sodass Pebbles ständig hin und her springen muss. Für unsere gerade noch gut machbar, allerdings haben wir auch viele (wirklich viele!) Menschen mit kleineren Hunden als Pebbles gesehen. Und für diese würden wir die Wanderung dann doch nicht empfehlen, außer sie dürfen bei Herrchen/Frauchen im Rucksack mitwandern. 

Anfangs ist es noch recht frisch und windig, sobald die Sonne aber die Wolken abschüttelt, wird es richtig schön und sehr angenehm zu wandern - zumal die Aussicht mit jedem Schritt atemberaubender wird! 

An dieser Stelle noch einmal ein großes Dankeschön an Anny-x für die gesponserten Sicherheitsgeschirre - die haben wir während dieser Wanderung wirklich gut gebrauchen können! Bei den vielen glatten Steinen und den teils akrobatisch anmutenden Hundesprüngen (übrigens immer gut auf Füße und Pfoten achten, dass da nichts eingequetscht oder losgelöst wird!) hatten wir die Wuffs immer sicher im Griff und konnten uns oben an das Fotoshooting wagen. Danke! 

Nach diesem anstrengenden Aufstieg und Fotoshooting sind alle zwölf Beine müde - Laki muss sogar ein Nickerchen auf Freydis Schuh einlegen. Für uns Menschen gibt es bei wunderbarer Aussicht die wohlverdiente Tasse Kaffee aus der mitgebrachten Thermoskanne und ein richtiges Frühstück. Die Hunde bekommen einen ihrer Lieblingssnacks: Die Veggie-Snacks von Irish Pure. Obwohl kein Fleisch in den Leckerchen enthalten ist, lieben die beiden diese Belohnung! 

 

Nach und nach wird es immer voller, denn die Gaustabanen, eine Seilbahn im Inneren des Berges, setzt die ersten Nicht-Wanderer am Gipfel ab. Zusätzlich weht uns der Duft nach frischen Waffeln um die Nase, denn nun öffnet das DNT-Café, welches zahlfreudige Gäste mit frischen Leckereien und Getränken verwöhnt. Uns leider nicht, wir müssen ja sparen…

Bald darauf machen wir uns auch schon wieder auf den Rückweg, denn der Wind ist ein bisschen zu kalt, um sich lange Zeit nicht zu bewegen. Und was sollen wir sagen - so viele Menschen schlängeln sich hintereinander den Berg hinauf! Schön, dass wir so früh los sind, denn der Rückweg wird mit den vielen entgegenkommenden Wanderlustigen und ihren Hunden deutlich anstrengender als der alleinige Aufstieg. Auch der Parkplatz ist übervoll, wobei unser Mitsubishi weiterhin deutlich heraus sticht - als Lücke zwischen all den dicht an dicht stehenden Vans. Erneut erfolgt die Assoziation mit einem Erstklässler. Und vor dem Hintergrund sind wir wirklich froh, dass wir in erster Reihe geparkt haben - er hätte sich sonst auf die Hinterräder stellen müssen, um etwas sehen zu können…

Um dem Trubel zu entgehen, fahren wir die fünf Minuten zu unserem Übernachtungsstellplatz zurück. Dort werden die Hunde erstmal gefüttert, für uns erfolgreiche Gipfelstürmer gibt es ein Kvikk-Lunsj (ja, wir sind süchtig danach geworden!). Anschließend kaufen wir Textil- und Lufterfrischer für unser Hundepipi-Zelt und fahren lange, bis wir einen für uns passenden Platz bei Rauland finden. 

(Lange bedeutet in dem Fall eine Stunde. Und für uns passend heißt, dass wir durchaus anspruchsvoll sind und uns insbesondere heute viele Plätze auch nicht windgeschützt genug erschienen.)

Letztlich landen wir an diesem wunderbaren Platz mit frischen Blaubeeren und Schafen direkt am Fluss. Das bedeutet für Freydis, dass sie die großen, schweren, stinkenden Decken wäscht, bis der Platz aussieht wie das Lager eines Messie-Dauercampers, der aber immerhin wohlriechende Zitronella-Schlafutensilien sein Eigen nennt. Es dauert aber und ist so unglaublich anstrengend! Jeder, der noch nach einem sinnvollen täglichen Workout sucht, sollte mal eine Stunde lang vollgesogene Riesendecken auswaschen - das gibt Muckies!

 

Am Abend passiert sonst nicht mehr so viel. Die Hunde helfen noch ein bisschen beim Abendessen zubereiten (was heute wegen des Windes wieder sehr lange dauert. Wir sollten uns wirklich dringend einen Windschutz zulegen!). Aber eigentlich sind wir alle, Zwei- und Vierbeiner, platt. Pebbles ist sogar so müde, dass sie beim Kraulen auf einem Stein im Sitzen einschläft… :)


Insofern hatten wir heute einen ereignisreichen Tag. Einen Pipiunfall im Zelt können wir zwar nicht empfehlen (war aber letzten Endes ja auch nicht schlimm), die Wanderung zum Gaustatoppen aber auf jeden Fall. Wir wissen nicht, ob es sich dabei um die schönste Wanderung in ganz Norwegen handelt. Das bliebe, heraus zu finden. Aber es handelt sich dabei auf jeden Fall um einen wunderschönen, nicht allzu schwierigen, auch mit wenig Erfahrung gut durchführbaren Tagesausflug mit atemberaubenden Aussichten! Also, unbedingt nachmachen!

 

Grüßt uns in dem Fall den Gaustatoppen, 

wir vier.


literatur

Der Dumont-Reiseführer von Südnorwegen: Möbius, M., Ster, A. (2022): Norwegen - der Süden. Ostfildern: DuMont Reiseverlag

Der Dumont-Reiseführer von Fjordnorwegen: Banck, M.H. (2019): Norwegen - das Fjordland. Ostfildern: DuMont Reiseverlag

Der lonely planet-Reiseführer von Norwegen: Ham, A., Butler, S., Wheeler, D. (2015): Norwegen. Ostfildern: Mairdumont

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